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25. Februar 2020
Einmal Kalifornien und wieder zurück
Lisa über ihr Auslandssemester
Mein Traum war es schon immer, später einmal in den USA zu studieren. Mein ursprünglicher Plan war es, direkt nach dem Abi dorthin zu gehen, dort zu studieren und College-Tennis zu spielen. Da ich aber zu dem Zeitpunkt, als die Entscheidung hätte getroffen werden müssen, noch ziemlich jung war (Anfang 16), bin ich gemeinsam mit meinen Eltern zu dem Schluss gekommen, dass ich erstmal hier in Deutschland studieren solle. Da ich dann auf das Duale Studium der Deutschen Bank gestoßen bin, bei dem alle meine Vorstellungen erfüllt waren und ich sogar ein Auslandssemester machen durfte, war dies die perfekte Wahl, und ich konnte meinen Traum, in den USA zu studieren, trotzdem wahr werden lassen.
Obwohl mein Wunsch und mein Ziel eindeutig waren, war die Umsetzung schwieriger als gedacht. Gerade in neuen Situationen bin ich ein eher schüchterner Mensch, wodurch mich mehr als einmal die Panik gepackt hat, ob ich das denn auch alles schaffe oder ob ich nicht lieber einen einfacheren Weg gehen sollte. Gleichzeitig wollte ich das Auslandssemester aber auch nutzen, um über mich hinauszuwachsen, also habe ich mich im Voraus mehr oder weniger zu einigen Dingen „gezwungen“, wie beispielsweise an eine Uni zu gehen, an die niemand anderes geht, den ich bereits aus Deutschland kenne oder auch mit Menschen zusammenzuwohnen, die ich erst in der Wohnung kennenlerne. Im Nachhinein bin ich froh, dass ich es so gemacht habe und nicht einfach einen vermeintlich einfacheren Weg gewählt habe.
Der erste Schritt bei der Absolvierung eines Auslandssemesters ist, dass man sich eine Uni aussuchen und um einen Platz kümmern muss. Hierbei stehen einem Partner-Universitäten der jeweiligen Hochschule (in meinem Fall der Frankfurt School) zur Verfügung oder man kann sich als „free mover“ eigenständig auf jede andere Uni bewerben. Ich habe mich gegen eine Partner-Uni entschieden und habe mich erkundigt, welche Universitäten zur Verfügung stehen, also an welchen Universitäten es möglich ist, für ein Semester zu studieren, und welche zusätzlich auch meine Studienrichtung anbietet. Um mir vorab einen besseren Überblick zu verschaffen, bin ich bereits im März für eine Woche in die USA geflogen und habe mir Unis in San Francisco, San Diego und Los Angeles angeschaut. Letztendlich habe ich mich dann für die California State University Long Beach entschieden, eine Universität in einer Stadt direkt neben Los Angeles.
Nachdem ich die Zusage erhalten hatte, ging es dann in die Planung. Ich musste beispielsweise die Frage klären, wo ich wohnen werde. Hierzu bin ich einer Facebook-Gruppe beigetreten, in der viele amerikanische, aber auch internationale Studenten eine Wohnung/ein Zimmer anbieten oder auch suchen. Relativ schnell hatte sich dann eine Gruppe, bestehend aus mir und drei anderen deutschen Studenten, gebildet, und gemeinsam haben wir uns für ein Drei-Zimmer Apartment entschieden - in einem Apartmentkomplex, in dem viele weitere Studenten wohnen. Besonders spannend war, dass keiner meiner Mitbewohner das gleiche studiert hat wie ich, sondern alle in ganz anderen Richtungen unterwegs waren.
Als ich dann im August, kurz vor Semesterbeginn in LA angekommen bin, hat einer meiner damals noch zukünftigen Mitbewohner bereits am Flughafen auf mich gewartet, um mich abzuholen. Obwohl wir uns da noch nicht persönlich kannten, war ich dadurch gleich ein bisschen „heimischer“ und nicht mehr so ganz auf mich allein gestellt.
Und dann ging es auch schon los mit der Uni. In der ersten Woche hatten wir die sogenannte „Orientation Week“, in der wir die anderen Studenten kennenlernen konnten, den Campus gezeigt und alle möglichen Infos zur Uni bekamen. Sehr gewöhnungsbedürftig waren dann die ersten zwei Unterrichtswochen, da man nicht schon vorher die Kurse wählen konnte, sondern mit einem Zettel in die Kurse gehen und diese „crashen“ musste. Das bedeutet, dass man zu Beginn der Stunde zu dem Professor, beziehungsweise Dozenten gehen und ihn oder sie fragen musste, ob man an dem Kurs teilnehmen darf. Dies war für mich direkt sehr viel Druck, da man es innerhalb dieser zwei Wochen schaffen muss, vier Unterschriften für vier Kurse zu bekommen. Das ist die Voraussetzung dafür, dass das Visum seine Gültigkeit behält. Jede Absage, die ich erhalten habe, war natürlich ein Rückschlag, denn dann musste ich weiter auf die Suche gehen und mich der unangenehmen Situation stellen und das heißt: mich vor die ganze Klasse stellen und mehr oder weniger darum betteln, in den Kurs reinzukommen. Absagen konnten verschiedene Gründe haben, z. B. dass der Kurs voll war, dass man die notwendigen Voraussetzungen nicht erfüllt oder dass der Kurs schlichtweg nicht für internationale Studenten geeignet ist.
So, und da ich einige Fragen während des Semesters und auch jetzt danach sehr oft höre, werde ich die im Folgenden mal knapp beantworten.
War es ein Kulturschock?
Ja, aber kein allzu starker. Da man vieles schon aus Filmen kennt, kann man sich darauf einstellen, was zum Beispiel das Studentenleben angeht. Bei Alltagssituationen war es jedoch schon in gewisser Weise eine Umstellung, da Alltagsdinge wie Einkaufen, aber auch das Wäschewaschen einfach anders sind, als man es in Deutschland gewohnt ist. Dort hat man keine eigene Waschmaschine in der Wohnung oder im Haus, sondern man muss seine Wäsche in Waschräume auf dem Gelände oder sogar Waschsalons bringen und dann dort auf seine Wäsche warten und darum bangen, dass sie noch da ist, wenn man wiederkommt.
Klischee: In Amerika ist alles größer?
Eindeutig ja! Im Supermarkt ist alles größer: Eistee beispielweise kauft man nicht in einer 1-Liter-Flasche, sondern in einem 1-Gallon-Kanister (1 Gallone entspricht 3,78 Litern). Aber auch insgesamt ist alles nicht nur größer, das Land ist auch viel weitläufiger. Morgens um 10 ist man in einer Großstadt wie Los Angeles, und es sind ca. 15 Grad. Wenn man dann zwei Stunden ins Hinterland fährt, steckt man pünktlich zum Mittagessen im Schneesturm fest oder steht auf einem Felsen in einem der Nationalparks und sieht nichts als Natur um sich herum.
Was war das Tollste?
Das Tollste für mich waren auf jeden Fall die Menschen dort. Zum einen waren dort sehr viele internationale Studenten aus sämtlichen Ländern, wodurch man auch deren Lebensweise und Kultur ein wenig kennenlernen konnte. Zum anderen waren dort natürlich auch viele amerikanische Studenten, die meiner Meinung nach viel offener sind und weniger Vorurteile haben als deutsche Studenten.
In Amerika essen alle immer nur Fastfood?
Da ist schon was dran. Aber das liegt vor allem daran, dass Fastfood die billigste Möglichkeit ist, sich zu ernähren. Selbst zu kochen ist hier bei uns in der Regel aufwändig, aber billiger, in den USA ist es aufwändig und teuer. Einmal habe ich für meine WG Lasagne gekocht und dabei 80 Dollar für die Zutaten ausgegeben das ist schon Wahnsinn. Allein der geriebene Käse kostete knapp 10 Dollar.
Was war am schwierigsten?
Ich glaube, jeder von uns kam mal an den Punkt, an dem alles zu viel war. Man erlebt so viel, sieht dauernd etwas Neues, ist immer unterwegs und will ja auch möglichst viel mitnehmen und ausnutzen. Wenn man zu viert in zwei Räumen wohnt, fehlt in manchen Situationen auch der Rückzugsort. Wir haben uns dann zwei Wochen ganz bewusst mal nichts vorgenommen. Das hat gut getan, und wir hatten wieder mehr Energie.
Sind die Unis in den USA besser als in Deutschland?
Kann ich so eindeutig nicht beantworten. Ich hatte sehr gute Kurse, aber auch Kurse, in denen ich nichts oder wenig Neues gelernt habe. Das Wissensgefälle ist viel heterogener, deswegen wird viel wiederholt. Manchmal war ich echt verblüfft über die Wissenslücken, die einige hatten, z. B. wussten in dem Kurs „Money & Banking“ (ein Kurs, den man dort im dritten Jahr des Studiums belegt) viele nicht, wie die amerikanische, also ihre „eigene“ Zentralbank heißt. Außerdem ist die Semesterorganisation etwas anders als bei uns. Es gibt zwar eine Klausurenphase am Ende des Semesters, jedoch werden auch während des Semesters kontinuierlich Klausuren und Tests geschrieben, sodass man immer am Ball bleiben muss.
Was war mein größtes Erlebnis?
Ich kann nicht sagen, welches Erlebnis das größte für mich war, da jeder Ausflug etwas ganz eigenes Faszinierendes hatte. Ich war mit den anderen Studenten fast jedes Wochenende irgendwo anders unterwegs von San Francisco bis San Diego und auch in den verschiedenen Nationalparks dort in der Nähe, wie dem Sequoia-Nationalpark oder dem Yosemite-Nationalpark. Am Sequoia-Nationalpark fand ich vor allem die Aussicht von einem der Berge dort absolut atemberaubend, da man dem Himmel gefühlt so nah war, und auch das Gefühl von absoluter Stille dort war faszinierend.
Was habe ich gelernt?
Auch hier in Deutschland hatte ich schon mal einen HTML-Programmierkurs besucht, der mir aber nicht so besonders gut gefallen hat. In Long Beach habe ich dann einen weiteren Kurs darin belegt, der entgegen meiner Erwartungen extrem viel Spaß gemacht hat, was auch zu einem großen Teil der Dozentin zu verdanken ist. Zusätzlich dazu hat sich natürlich auch mein Englisch verbessert. Klar konnte ich Englisch, aber Englisch können und sich dann auch trauen aktiv zu sprechen und auf Menschen zuzugehen, ist noch mal ein großer Unterschied. Das ist bei mir jetzt viel besser geworden. Wenn ich es so recht überlege am meisten habe ich in der Zeit wahrscheinlich über mich selbst gelernt.
Mein Tipp für alle, die ein Auslandssemester planen:
Überlegt euch gut, was euch wichtig ist. Ein Semester in den USA ist sicher für viele ein Traum, und ich bin glücklich, dass ich das erleben durfte. Aber man sollte wissen, dass das alles ganz schön ins Geld geht: Studiengebühren, Miete, Essen, Ausflüge da kommt einiges zusammen. Ich habe für mein Auslandssemester einen Studienkredit aufgenommen, vorher mein Auto verkauft und zusätzlich dazu haben mich meine Eltern dankeswerterweise auch noch unterstützt. Ich wusste das und das war es mir wert. Aber wem das alles „too much“ ist, der kann auch auf kleiner Flamme im Ausland studieren, z. B. bei Partner-Unis der jeweiligen Hochschule und in kostengünstigeren Regionen als Kalifornien. Unabhängig davon, wo man sein Auslandssemester macht, es ist immer super aufregend und spannend und man lernt unglaublich viel über das Land, verschiedene Kulturen und auch über sich selbst! /Lisa, Eschborn