Das neue digitale Ausbildungskonzept für Bankkaufleute in der Praxis

„Praxisorientierter und digitaler“

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Claudia Eggert arbeitet als Ausbilderin in Düsseldorf und ist in ihrer Region Nordwest für die Auszubildenden zuständig. Im Interview erzählt sie, wie das neue Ausbildungskonzept für Bankkaufleute ihre tägliche Arbeit verändert.

Was sind für Sie die unmittelbar spürbaren Auswirkungen des neuen Konzepts?

Ganz einfach auf den Punkt gebracht: Das neue Konzept ist praxisorientierter und digitaler – und das ist gut so. Schließlich sind unsere Azubis „digital natives“. Die ganzheitliche Ausrichtung der Beratung in der Deutschen Bank findet jetzt einen noch besseren Widerhall auch in der Lernorganisation. Auch vor dem Inkrafttreten der neuen Ausbildungsordnung war die Ausbildung bei der Deutschen Bank natürlich schon sehr gut aufgestellt. Mit unseren ergänzenden Trainings und Lernmaterialien waren wir sehr nah an der Praxis, hatten aber immer das Problem, dass wir zum Beispiel bei der Erstellung von Checklisten und Lernzielen immer auch die Inhalte berücksichtigen mussten, die zwar nicht mehr in der Praxis, aber noch in der Prüfung relevant waren. Die Scheckeinreichung ist hier ein klassisches Beispiel.

 

Und was genau bedeutet das für die tägliche Ausbildungspraxis?

Das neue Konzept mit einem größeren Anteil digitaler Lerneinheiten erfordert mehr Selbstorganisation und Eigenverantwortung von unseren Auszubildenden. Für viele ist das kein Problem, aber es gibt in jedem Jahrgang immer auch Nachwuchskräfte, denen die Umstellung vom „Chill-Modus“ nach dem Schulabschluss auf den Einstieg ins Berufsleben etwas schwerer fällt. Um dann auf 100 Prozent zu kommen, brauchen diese Auszubildenden so etwas wie eine kleine „Anschubhilfe“, also Begleitung bzw. Feedback, das sie zum Beispiel in der Startwoche von uns Ausbildern und dann von den Ausbildungsbeauftragten in den Filialen selbstverständlich auch bekommen.

Eine wesentliche Neuerung ist sicher auch die neue gestreckte Abschlussprüfung mit einem Teil 1, also bisher die Zwischenprüfung, und dem Teil 2 am Ausbildungsende. Aber da in unserem bisherigen Ausbildungskonzept die Ergebnisse der Zwischenprüfung intern ohnehin bereits in die Gesamtbeurteilung der Auszubildenden eingeflossen sind, ist diese Veränderung für uns kein wirkliches Neuland.

 

Wie hat die Umstellung auf digitales Lernen funktioniert? Kommen die Nachwuchskräfte, aber auch die Ausbilder gut damit zurecht? Wo gibt es Verbesserungspotenziale?

Unsere neuen digitalen Angebote und Lernbausteine haben durch Corona zusätzliche Bedeutung gewonnen, und unterm Strich kann man sagen: Das alles läuft richtig gut und reibungslos. Persönlich bedauere ich es, dass ich aktuell unsere Azubis in den letzten Monaten nicht mehr live gesehen habe – vor allem mit Blick auf den Jahrgang 2020. Es ist ein anderes Kennenlernen als in den Jahren zuvor, und vom Gefühl her war es für die Azubis zu Beginn eine höhere Hürde, mit Fragen an die Ausbilder heranzutreten. Der kleine persönliche Austausch zwischendurch fehlte. Aber das ist coronabedingt und hat nichts mit unserem neuen Konzept zu tun. Trotzdem hat sich das alles sehr gut eingependelt. Einige Inhalte können digital sogar effizienter und zielorientierter vermittelt werden. Das digitale Setting ist für die neue Azubi-Generationen keine Herausforderung, sondern entspricht deren Lebensgefühl und Welterfahrung. Der Ausbildungsberuf wird – so mein Eindruck – für die jungen Leute dadurch eher attraktiver.

 

Also ein rundum positives Fazit?

Bisher weitgehend ja. Die Umsetzung des digitalen Konzepts und coronabedingte Anpassungen sind im Moment schwer voneinander zu trennen. Unabhängig von der Neuordnung ist für mich zum Beispiel auch unser neuer digitaler Bewerbungsprozess eine spannende Erfahrung. Durch die 1 zu 1-Auswahlgespräche über Skype for Business kann ich mich voll auf den Einzelnen konzentrieren, habe dafür umgekehrt aber auch keine Chance, Interaktion zwischen den Kandidat*innen zu beobachten, die ja bisher zu sechst gemeinsam vor Ort im Auswahltag waren. Ich habe das Gefühl, dass die Bewerber*innen sich im Video-Gespräch teils etwas anders verhalten. Die Kandidat*innen sind fast durchweg gut vorbereitet und motiviert, aber manche auch etwas ruhiger als gewohnt. Das kann aber an der virtuellen Situation liegen. Ich bin sehr gespannt, wie sich das in diesem Jahr alles weiterentwickeln wird. Und dann werden wir, wo nötig und möglich, Verbesserungen vornehmen, so wie bisher auch.